4.6 Quellennachweise
Die Provenienz geisteswissenschaftlicher Daten und Quellen ist für die Forschung und Analyse von zentraler Bedeutung. Nur wenn der einzelne Wissenschaftler erkennen kann, woher die Forschungsdaten stammen, in welchem größeren Datenzusammenhang sie einzuordnen sind und vom wem sie erstellt wurden, ist die Kontextualität und Kausalität von Forschungsergebnissen sichergestellt. So ist beispielsweise die Information bedeutsam, in welchem Datenbestand ein Brief gefunden wurde, unabhängig davon, wer der Adressat und wer der Schreiber war. Diese Information ermöglicht z.B. Rückschlüsse darauf, wer über den Briefinhalt informiert war. Wie mit solchen wichtigen, über die Beschreibung der eigentlichen Daten hinausgehenden Informationen verfahren werden kann, soll das folgenden Beispiel anhand der TEI-Codierung verdeutlichen.
Angaben zu Quellen, zu ihren Standorten, nähere Beschreibungen ihrer Zusammensetzung und Provenienz werden in TEI gebündelt als Source-description (\<sourceDesc/>) innerhalb des übergeordneten Abschnitts File Description (\<fileDesc/>) der Metadaten dokumentiert.
Gewöhnlich besteht eine \<sourceDesc/> in TEI P5 aus folgenden (teils alternativ zu verwendenden) Unterabschnitten:
- \<bibl/> = bibliographische Angaben, falls es sich bei der Quelle um Printmedien handelt
- \<msDesc/> = manuscript description, falls es sich um handschriftliche Quellen handelt
Bibliographische Angaben können in freier oder strukturierter Weise erfasst werden, sind aber nicht spezifisch für eine \<sourceDesc/>, so dass hier auf den entsprechenden separaten Abschnitt der TEI-Guidelines verwiesen werden kann. Für die Handschriftenbeschreibung steht ein umfangreiches Arsenal an Möglichkeiten zur Verfügung, dessen Erörterung den vorliegenden Rahmen sprengen würde. Daher seien hier nur einige grundlegende Merkmale (Besitzerangaben, Kurzbeschreibung, Provenienzvermerke usw.) angeführt. Zur Illustration dient ein etwas komplizierterer Fall von Quellenüberlieferung, um zu demonstrieren, dass auch solche Fälle problemlos darstellbar sind.
Im nachfolgenden Beispiel handelt es sich um ein in drei Fragmente aufgelöstes Briefautograph, das heute in drei unterschiedlichen Bibliotheken aufbewahrt wird. Statt eines einzelnen Textzeugen (\<witness/>) sind hier also gleich drei vorhanden, die in einer entsprechenden Liste (\<listWit/>) zusammengestellt und durch die Attribute @n durchnummeriert sind. Jedes einzelne Fragment wird danach mit Besitzerangaben, Signaturen, einer kurzen Beschreibung sowie ggf. Angaben zur Provenienz oder in diesem Falle auch Hinweisen auf Veröffentlichungen des Briefes versehen. Die Einträge insgesamt werden durch die hier aus Platzgründen unterdrückten Containerelemente \<sourceDesc/> bzw. innerhalb desselben \<msDesc/> umschlossen.
<listWit>
<witness n="1" xml:id="fragment1">
<msDesc>
<msIdentifier>
<country>D</country>
<settlement>Berlin</settlement>
<repository n="D-B">Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz</repository>
<idno>Mus.ep. Weber, C. M. v. 76</idno>
</msIdentifier>
<physDesc>
<p>1 Bl. (2 b.S. o.Adr.)</p>
<p>einige Wasserflecken im Text; rote Bleistiftmarkierungen (vermutlich von MMW) </p>
</physDesc>
<additional>
<listBibl>
<bibl n="firstPrint">(bislang keine Veröffentlichung nachzuweisen)</bibl>
</listBibl>
</additional>
</msDesc>
</witness>
Beginn des Nachweises eines aus drei Fragmenten bestehenden Briefes in TEI P5, \<witness n="1">
<witness n="3" xml:id="fragment3">
<msDesc>
<msIdentifier>
<country>US</country>
<settlement>New York</settlement>
<repository>Pierpont Morgan Library</repository>
<collection>Mary Flagler Cary Music Collection</collection>
</msIdentifier>
<physDesc>
<p>1 Bl. (2 b.S. einschl. Adr.), Fragment: Nachschrift vom 27. Januar</p>
</physDesc>
<history>
<provenance>Madigan, Thomas F. (New York): Kat. 54 (1929), Nr. 54-199</provenance>
<provenance>Charavay, Maison Gabriel: Cat. 14. Mai 1881 (Slg. Johann Kafka), Nr. 63</provenance>
</history>
</msDesc>
</witness>
</listWit>
Fortsetzung mit Teil 3 desselben Briefes, \<witness n="3">
Umfangreiche Möglichkeiten zum Hinterlegen von Informationen zu den benutzten Quellen bietet auch MEI (vgl. Abschnitt 3.3 bzw. das Codierungsbeispiel im Anhang 7.4). Bedingt durch die Struktur musikalischer Quellen kann hier eine so komplexe Beschreibung entstehen, dass eigene graphische Hilfsmittel zu deren Eingabe entwickelt wurden (vgl. den MEI Metadaten-Editor MerMEId, der am Danish Center for Music Publication der Königlichen Bibliothek Kopenhagen von Axel Teich Geertinger entwickelt wird).
Zusammenfassend ist zu empfehlen, dass gerade bei Datensammlungen – wie z.B. einem Briefkonvolut – ein Metadatenschemata verwendet wird, bei dem detaillierte Angaben zur Provenienz, zum Kontext und zu weiteren Korrelationen der Einzeldaten angegeben werden können.