MuseData
MuseData wurde von Walter P. Hewlett als eines der ersten Projekte am 1983 gegründeten Center for Computer Assisted Research in the Humanities, Stanford (CCARH) entwickelt. Es handelt sich dabei um eine softwareunabhängige Datenstruktur, mit deren Hilfe musikalische Inhalte gespeichert werden können. MuseData wurde vom CCARH vor allem zur Digitalisierung bekannter klassischer Werke genutzt. Das Format ist sehr vielseitig angelegt, eignet sich sowohl für die Erfassung von Notation und Klang, erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Die Auszeichnung von Metadaten erfolgt in MuseData innerhalb der ersten zwölf Zeilen des Kopfbereichs (Record 1–12). Diese sehr begrenzte Möglichkeit der Angabe von Metadaten (die ggf. durch weitere, frei definierbare Records ergänzt werden kann) ist im folgenden Codebeispiel durch Benennung der entsprechenden Elemente erkennbar. Die hier nicht genutzten ersten drei Zeilen/Records können für Angaben des Copyrights und weitere identifizierbare Informationen genutzt werden. Nachfolgend ist eine Beispielcodierung der Metadaten des Lieds Der Abendstern von Robert Schumann abgebildet.
Beispiel für die Auszeichnung von Metadaten in MuseData Quelle erweitern
09/04/12 K. Herold
WK#:79 MV#:1
Reprint der Erstausgabe Leipzig 1849
Liederalbum für die Jugend
Der Abendstern
Pianoforte
Lied
group membership: score
score: part 1 of 29
[frei definierbar]
Zusätzlich zu den verbindlichen zwölf Feldern des o.g. Beispiels stehen noch weitere Auszeichnungsfelder optional zur Verfügung. Diese sollten auch genutzt werden, denn es fehlt unter anderem die obligatorische Belegung eines Autor/Komponisten-Feldes. Bei den Codierungen des CCARH werden diese Daten in der Regel in den drei ersten Zeilen (im obigen Beispiel leer) abgelegt. Da diese Zeilen, ebenso wie die frei definierbaren ab Record 13 jedoch nicht standardisiert sind, erschwert dies den Austausch zwischen verschiedenen Institutionen, die diese Felder in projektspezifischer Weise nutzen.
Beispiel für die Codierung des Notentextes (Singstimme) in MuseData Quelle erweitern
02/01/14 K. Richts
WK#:79 MV#:1
Liederalbum für die Jugend
Der Abendstern
Singstimme
Group memberships: score
score: part 1 of 2
$ K:3 Q:2 T:2/4 C:0
A4 1 e u Du|Wie|So|Wie
measure 1
C#5 2 q d lieb-|lieb'|blick'|nickst
B4 1 e d -li-|ich|ich|du
A4 1 e u -cher|doch|nach|mir
measure 2
Alle Stimmen eines Werkes werden in separaten Dateien erfasst. Dabei beginnt jede Datei mit der Erfassung von Metadaten zum Titel des codierten Stückes (s.o.). Anschließend erfolgt die Codierung des eigentlichen Notentextes in aufeinanderfolgenden Zeilen (records). Informationen zur Tonart, Schlüsselung und Taktart eines Werkes werden dabei in einer gemeinsamen Zeile (record) erfasst (vgl. Z. 11) und mit einem "$" gekennzeichnet. Der erste Eintrag in Zeile 12 beschreibt den ersten Ton der Singstimme. Es handelt sich hier um ein eingestrichenes A mit dem Wert einer Achtel (erkennbar aus dem "e" im gleichen Record). Die Halsrichtung wird in MuseData mit einem "u" ("up") oder "d" ("down") erfasst. Möglichkeiten zur Textauszeichnung sind in diesem Datenformat nicht gegeben, daher werden alle Silben, die auf einen Ton fallen, nebeneinander codiert und durch ein Verkettungszeichen ("|") voneinander getrennt.
Schwieriger gestaltet sich dagegen schon die Codierung einer Klavierstimme. Akkorde (bzw. gleichzeitig klingende Töne) werden erfasst, indem die einzelnen Töne wie gehabt in separaten records untereinander codiert werden. Der erste Ton eines Akkords wird dabei wie gewohnt codiert, die Codierung aller weitere Töne eines Akkords erfordert ein vorangestelltes Leerzeichen (vgl. etwa die Zeilen 18 bis 20). Tonerhöhungen werden in MuseData durch eine Raute "#" erfasst (vgl. etwa Z. 17 "C#5" oder Z. 20 "C#4"). Die Codierung von Balken erfolgt direkt an den entsprechenden Noten über die Angabe eines "[" (beginnender Balken) bzw. "]" (endender Balken). Analog dazu werden Bindebögen mit "(" (Beginn des Bindebogens) bzw. ")" (Ende des Bindebogens) erfasst.
Mehrere Stimmen eines Systems werden in MuseData mit Hilfe sogenannter backups codiert, mit denen die division pointer eines Taktes bis zu der Zählzeit zurückgesetzt werden können, an der eine weitere Stimme einsetzt. Ein Beispiel hierfür findet sich etwa in Zeile 14 der Beispielcodierung.
Beispiel für die Codierung des Notentextes (Klavierstimme) in MuseData Quelle erweitern
02/01/14 K. Richts
WK#:79 MV#:1
Liederalbum für die Jugend
Der Abendstern
Pianoforte
Group memberships: score
score: part 2 of 2
$ K:3 Q:2 T:2/4 C:0
A4 1 1 e u (
back 1
A3 1 1 e d
measure 1
C#5 2 1 q u
A4 2 2 q u
E4 2 3 q u
C#4 2 4 q u
B4 1 1 e u [
G4 1 1 e u
E4 1 1 e u
D4 1 1 e u
A4 1 1 e u ]
E4 1 1 e u )
back 4
A3 2 1 q d
E3 2 1 q d
A2 2 1 q d
E3 1 1 e d
B2 1 1 e d [
A3 1 1 e d
E3 1 1 e d
C#3 1 1 e d ]
measure 2
Auch wenn MuseData über einige Schnittstellen bzw. Konverter zu anderen Formaten wie etwa Lilypond oder Humdrum verfügt, hat das Datenformat aus heutiger Perspektive insgesamt nur noch "einen historischen Wert". Das Format wird nicht weiterentwickelt und ist auch für editorische Zwecke nicht geeignet.
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Siehe auch: Eleanor Selfridge-Field (Hg.), Beyond Midi: The Handbook of Musical Codes, Cambridge 1997; Johannes Kepper, Musikedition im Zeichen neuer Medien, Historische Entwicklung und gegenwärtige Perspektiven musikalischer Gesamtausgaben, Norderstedt 2011, S. 402–442; speziell zum Header lediglich S. 406–408. ↩
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Vergleiche dazu Johannes Kepper, Musikedition im Zeichen neuer Medien, S. 318. ↩