2.1 Forschungsmethoden und -verfahren

2. Forschungsprozess

Geisteswissenschaftliche Forschung vollzieht sich in Prozessen, die im Allgemeinen als Dialog zwischen Forschungspersonen und Forschungsgegenständen verstanden werden können. Forschungsmethoden und Forschungsverfahren spielen dabei in allen geisteswissenschaftlichen Disziplinen eine zentrale Rolle, da diese dazu benötigt werden, um wissenschaftliche Ergebnisse zu überprüfen und unter anderem festzustellen, ob die für die Analysen und die Beantwortung des forschungsbezogenen Erkenntnisinteresses und der individuellen Forschungsfragen verwendeten Quellen bzw. erhobenen Forschungsdaten nach wissenschaftlichen Kriterien ausgewählt wurden und diese Auswahl nachvollziehbar und für Dritte überprüfbar ist. Nur so lässt sich die Validität und auch Variabilität von geisteswissenschaftlichen Ergebnissen überprüfen. DARIAH-DE verwendet die im Folgenden näher ausgeführten Definitionen, um zwischen Forschungsmethoden und Forschungsverfahren zu unterscheiden und zugleich die Komplexität dieser Informationen zu verdeutlichen, die bislang in vorhandenen Metadatenstandards und -schemata nur unzulänglich abgebildet werden.

Forschungsmethode

Mit dem Begriff einer wissenschaftlichen Forschungsmethode wird ein erkenntnis- und forschungsfragenorientiertes, reflexiv kontrolliertes, theoretisch begründetes, auf einen Forschungsgegenstand zentriertes Vorgehen bezeichnet, das eine Arbeitshypothese und einen interpretativen Horizont beinhaltet. Forschungsmethoden der Digital Humanities werden durch die digital vorliegenden Repräsentationen des Forschungsgegenstands und durch die computergestützte Manipulation dieser Repräsentationen entweder erleichtert und erweitert – oder aber überhaupt erst in dieser Form möglich.

Forschungsverfahren

Ein Forschungsverfahren ist ein planvoller, systematischer und praktischer Umgang mit Forschungsgegenständen, dem die Forschungsmethode insbesondere mit ihrem interpretativen Horizont stets übergeordnet bleibt. Eine Forschungsmethode wird in der Regel durch mehrere Verfahren umgesetzt oder ermöglicht, umgekehrt können bestimmte DH-Verfahren im Kontext mehrerer Methoden eingesetzt werden. Diese besitzen per se einen interoperablen Zugang bzw. eine interdisziplinäre Ausrichtung. Verfahren der Digital Humanities werden durch die digital vorliegenden Repräsentationen des Forschungsgegenstands und durch die computergestützte Manipulation dieser Repräsentationen entweder erleichtert und erweitert – oder aber überhaupt erst in dieser Form möglich.

Während die in Forschungsprojekten ausgewählten und verwendeten Forschungsmethoden oft einen sehr starken disziplinären Charakter besitzen, können Forschungsverfahren eher generisch verwendet werden. So sind die Verfahren der Georeferenzierung oder des Textmining für unterschiedliche Disziplinen und Forschungsfragen anwendbar. Dies verdeutlicht zum einen den starken interoperablen Charakter von DH-Verfahren und zum anderen die Möglichkeit, dass mit solchen Verfahren gewonnene Forschungsdaten auch in anderen Forschungskontexten und für die Analyse anderer Forschungsfragen in anderen geisteswissenschaftlichen Fachdisziplinen nachgenutzt werden können.

Sowohl in den verwendeten Forschungsmethoden als auch in den daraus resultierenden Forschungsverfahren spiegeln sich die erkenntnisleitenden Fragestellungen der geisteswissenschaftlich Forschenden wider. Diese haben zudem einen direkten Einfluss auf die erhobenen Forschungsdaten. Nur die Daten und Quellen werden von dem einzeln Forschenden erfasst, erhoben oder auch analysiert, die einen unmittelbaren Einfluss auf die Beantwortung der eigenen individuellen Forschungsfrage besitzen. Diese Aspekte werden allerdings bislang durch Datenstandards und -schemata nicht erfasst, d.h. bei der digitalen Nachnutzung – und auf nichts anderes soll in diesem Kontext fokussiert werden – werden administrative Daten mit diesem Informationsgehalt kaum angegeben, so dass geisteswissenschaftliche NachnutzerInnen zurzeit nicht nachvollziehen können, in welchem Kontext, von wem und zur Beantwortung welcher Forschungsfragen die Forschungsdaten oder Datencollections erhoben wurden. Diese Problematik wird noch dadurch verschärft, dass oftmals die nicht verwendeten und dementsprechend nicht digitalisiert vorliegenden Daten der Originärdatenbestände nicht mit angegeben werden. Kurzum: Es besteht die Gefahr, dass der entstehungshistorische Kontext von Daten und Quellen bei einer digitalen Nachnutzung verschwindet. Diese administrativen Informationen sollten, so eine Empfehlung dieses Reports, zukünftig mit erhoben und durch standardisierte und somit maschinenlesbare Informationen erfasst werden. Nur dadurch wird sichergestellt, dass gerade unter der Perspektive der Interoperabilität Wissenschaftler den Entstehungskontext und die Provenienz der Daten erfassen können.

2.2 Forschungsdaten – Nutzung von Standards in den Geisteswissenschaften